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Griechischer Schein
Die Gruppe C-Ära hat nicht nur die großen Werke angelockt – sondern auch jede Menge Privatteams und -fahrer. Unter ihnen auch die schillerndsten Persönlichkeiten.
Etwa den Griechen Costas Los, der in der C2-Klasse mit englischen Spice-Konstruktionen unterwegs war.
Text und Fotos: Mark Cole veröffentlicht in PITWALK Magazine #59
Die deutschen Streckensprecher finden schnell Gefallen an ihm. „Der griechische Gemüsehändler“ – so schallt es bei den 1.000-Kilometerrennen auf dem Nürburgring in den späten Achtzigern aus den Lautsprechern, wenn von Costas Los die Rede ist.
Was so harmlos und schon ziemlich drollig klingt, ist eher eine Verniedlichungsform für einen durchtriebenen Zeitvertreib des Londoners mit griechischem Pass.
Die Los-Familie gehört in der Ägäis in eine ähnliche Liga wie die Onassis‘: schwerreiche Reeder, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt haben, um dort einen höheren Lebensstandard zu genießen – und ihren Kindern eine fundiertere Ausbildung zu ermöglichen. Costas Los kommt in London zur Welt, braucht sich schon in jungen Jahren um seine Rente keine Sorgen mehr zu machen und widmet sich als hauptberufl ich tätiger Sohn bereits früh dem Motorsport.
Ein Teil des erklecklichen Vermögens geht an Steve Soper. Dem kauft Costas Los jenen Fiat X1/9 ab, mit dem der spätere BMW-Werksfahrer in der Britischen GT-Meisterschaft unterwegs gewesen ist. Doch die englische Szene reicht Los schon bald nicht mehr. Denn der Boom der Gruppe C Mitte der Achtziger zieht auch den damals schon 30-jährigen Hobbyrennfahrer in ihren Bann.
1984 gewinnen die Südafrikaner Sarel van der Merve, Graham Duxbury und Tony Martin in einem March 83G mit Porsche-Motor die 24 Stunden von Daytona. Das Auto ist heute noch ein Star bei allen historischen Veranstaltungen in den USA – nicht zuletzt wegen des kruden Sponsors, der als Taufpate für die Nennung steht: „Kreepy Krauly“, ein Hersteller für damals reichlich futuristische Roboter zur Reinigung von Swimmingpools.
Die Geschäftsleitung von Kreepy Krauly ist dermaßen begeistert von dem südafrikanischen Daytona-Sieg, dass sie nun auch die 24 Stunden von Le Mans gewinnen möchte. Deswegen kauft das Unternehmen einen March 84G, ein frühes Werk aus der Feder des heutigen Red Bull-Formel 1-Starkonstrukteurs Adrian Newey, und lässt einen 2,6-Liter-Doppelturbomotor aus dem Porsche 956 einbauen. Das Auto ist ein Jahr zuvor schon in der internen IMSA-Klasse in Le Mans gefahren, damals noch mit einem Buick-Motor, der es auf der Hunaudières-Geraden schon auf 357 km/h angeschoben hat. Nur der siegreiche Joest-Porsche 956 ist noch schneller gewesen.
Kreepy Krauly setzt das Auto 1985 unter der Regie von Gordon Horn in Le Mans ein. Eigentlich soll der junge Christian Danner, der im selben Jahr die Internationale Formel 3000-Meisterschaft gewinnen wird, an der Sarthe fahren. Doch der Sohn eines Autoforschers aus München wird krank und deswegen durch Daytonasieger Duxbury ersetzt – als Teamkollegen von Ian Scheckter, dem Bruder des früheren Formel 1-Weltmeisters Jody, und Almo Copelli.
Los kauft sich den March-Porsche nach Le Mans und setzt ihn – immer noch unter Federführung von Horn – in der Restsaison der Sportwagen-WM 1985 ein. Er holt sich prominente Beifahrer an Bord: Anders Olofsson, Pascal Witmeur, Richard Cleare und sogar die englische Pilotin Divina Galica.
Buffbombe
Seinen ersten Auftritt mit dem neuen Boliden hat Los beim 1.000-Kilometerrennen auf dem Hockenheim-Ring – unter gleißender Sonne und bei Bruthitze. Zuerst bemerkt er es kaum, doch irgendwann fällt es ihm auf: Von Runde zu Runde wird er wie von einer unsichtbaren Hand immer weiter nach vorn geschoben. Irgendwann muss er sich ganz übers Steuer beugen und krümmen. „Der Benzintank wurde nicht richtig entlüftet“, schmunzelt er. „Deswegen dehnte er sich in der Hitze immer weiter aus – und drückte die ganze Spritzwand hinter dem Cockpit nach vorn. Schließlich hing ich mit der Brust direkt auf dem Steuer – und musste unseren Boxenstopp vorziehen, um irgendwie aus der misslichen Lage zu kommen. Und als der Tank entlüftet wurde, hat sich das Benzin in einem Feuerball entzündet.“
Der Cosmik-March kann zwar schnell gelöscht werden. Doch eine Box weiter vorn fängt auch der Werks-Porsche von Jochen Mass bei seinem Stopp Feuer. Konstrukteur Norbert Singer und weitere Weissacher Ingenieure ziehen sich teils schwere Verbrennungen zu.
Nach dem badischen Inferno erzielt Los sowohl in Spa als auch in Brands Hatch jeweils Platz 7. Beim Regenrennen in Fuji ist Cosmik eines jener europäischen Teams, die nach 10 Runden wegen monsunartigen Regens aufgeben.
Für 1986 lockt Los den griechischen Weinbrandhersteller Metaxa als Sponsor an – mitsamt Naturalien als Mitgift, die im Gruppe C-Fahrerlager schon bald zu heißer Ware werden. Beim 360-Kilometersprint von Monza fährt Los die komplette Renndistanz allein. Das ist zwar vom Reglement her ausdrücklich verboten – doch es fällt niemandem in der Rennleitung auf. Der 13. Platz wird beim Team ausgiebig gefeiert. Zwei Kartons bleiben übrig. Los schleppt sie mit ins Hotel – in dem auch die Mechaniker von Tom-Walkinshaw-Racing wohnen. Deren neue Jaguar XJR-6 sind in Monza beide ausgefallen, die Mechaniker haben also früh Feierabend –und freuen sich über die willkommene hochprozentige Gratisgabe.
Los grinst: „Am nächsten Vormittag traf ich die meisten von ihnen am Flughafen Linate wieder – am Tikketschalter. Denn sie mussten alle ihre Flugscheine umbuchen, weil sie vor lauter Kater ihre Morgenmaschine verpasst hatten.“
Das zählbare Resultat von Monza bleibt die Ausnahme. Meistens hagelt es technische Probleme. Der March verköstigt mehr Lichtmaschinen als das ganze Fahrerlager Metaxa. In Le Mans rollt Los ohne Bordspannung aus, ausgerechnet an der Mulsanne-Kurve, dem am weitesten von den Boxen entfernt gelegenen Streckenabschnitt.
Pilzsucher
Los meldet sich per Funk beim Team. Sein Renningenieur empfiehlt ihm scheinheilig einen Spaziergang auf der sicheren Seite hinter den Leitplanken, aber er möge doch bitte genau darauf achten, wo er hintrete. „Man mag es kaum glauben – aber ich finde doch tatsächlich eine ganz neue Batterie da irgendwo im tiefen Gras.“
Betont unauffällig klaubt Los die Batterie auf, baut sie mit ebenfalls zufällig dort liegendem Werkzeug ein und bringt den Wagen wieder zum Laufen. Prompt wird er im Nachgang für Inanspruchnahme fremder Hilfe während des Rennens disqualifiziert. „Dabei habe ich den Sportkommissaren noch erzählt, ich hätte doch nur Pilze gesucht – und dabei einen ‚Magic Mushroom‘ gefunden.“
Das anfällige Vehikel tauscht Los ab 1987 gegen verschiedene Gruppe C2-Modelle ein, zuerst einen Tiga, dann die immer besser werdenden Konstruktionen aus dem Hause des verschrobenen Gordon Spice. Mit seiner Finanzspritze steigt auch der kugelige Hugh Chamberlain mit Spice-Modellen zu einem Hauptdarsteller der C2 auf. Und Los schreibt Geschichte: 1987 ist er der erste Grieche in der Historie des Motorsports, der je einen WM-Lauf gewinnt – auf dem Nürburgring, wo der Kult vom griechischen Gemüsehändler geboren wird.
Sektenschelte
Ein Jahr später schreibt er Schlagzeilen, weil die damals noch junge Sekte Scientology sich mit ihrer Handelsmarke Dianetics als Sponsor bei Spice Engineering und dem Team GP Motorsport einkauft. Der Deal geht aber ausnahmsweise nicht auf den schlitzohrigen Los zurück –sondern auf den Franzosen Phillip de Henning.
Der hat in einem kuriosen Losverfahren sechs Werbepartner mit kleinen Einlagen zusammengetrommelt. Der Sieger in der Lotterie wird Hauptsponsor, muss dafür aber den Unterlegenen die Möglichkeit zur Gästebewirtung und kleinere Flächen auf dem Wagen gewähren.
Als ausgerechnet Dianetics die Verlosung gewinnt, entgleisen Teamchef Gordon Spice zunächst die Gesichtszüge. Denn erst eine Woche vor der Entscheidung ist im englischen Fernsehen eine kritische Dokumentation über die Machenschaften von Ron Hubbard und seiner Sekte gelaufen.
Der neue Werbepartner lädt so viele Gäste ein, dass eine ganze Tribüne im für Dianectics typischen Schwarz erstrahlt. De Henning muss sich sogar extra schwarze Rennunterwäsche besorgen. „Aber als die Sektenmitglieder gemerkt haben, dass wir nicht zu Konvertiten taugen, hatten wir ein friedliches Le Mans“, glätten sich rasch die Sorgenfalten bei Spice. Die auffällige Werbepartnerschaft bleibt noch ein Weilchen bestehen. Dann wendete sich Los einem neuen Projekt zu: dem spektakulären Allard J2X für die dritte Generation der Gruppe C. Dafür kauft er sich sogar als Teilhaber bei der englischen Traditionsmarke ein. Allard hat seinerseits die Überreste von Spice Engineering übernommen, nachdem ein C1-Experiment mit einer Expansion in die WM und die IMSA schiefgelaufen ist. Los fährt 1991 noch einen Spice in der IMSA –und entwickelt dabei eine Freundschaft zu den Verantwortlichen von Honda Sport Nordamerika. Die Amerikaner möchten ein IMSA-Auto für ihren V10-Formel 1-Motor bauen. Denn die dritte Generation der Gruppe C lebt von einer Gleichschaltung der Motorregeln für Grand Prix und Langstrecke – Formel 1-Zar Bernie Ecclestone möchte so jene Werke, die nur Gruppe C fahren, in seine Königsklasse locken.
Honda Nordamerika sucht in Europa nach möglichen Chassis, bei Lola und Tom Walkinshaw Racing – und wird bei einem Konzept von Chris Humberstone fündig. Der hat den Nachfahren des englischen Autobauers Allard gerade die Namensrechte für eine neue Holding abgekauft – und möchte nun ein Gruppe C Auto bauen, das technisch andere Wege geht als der Rest: mit freistehenden Vorderrädern, von Kotflügeln nur notdürftig bedeckt, dazwischen auf beiden Seiten des Cockpits ein Riesenschlund, der eine innere Durchströmung der Karosserie ermöglicht.
Große Hinterreifen, ein steil aufragendes Heck und ein riesiger Heckflügel charakterisieren die Optik des Autos. Doch beim ersten Test im walisischen Pembrey, den Los als Teilhaber der neuen Allard Holding persönlich fährt, vibriert das Auto dermaßen, dass der Grieche keinen Bremspunkt trifft. Zudem überhitzt der Motor unter der wie ein Slimfit-Hemd unheimlich eng geschneiderten Motorhaube derart, dass die Techniker fürchten: Das ganze Auto fängt Feuer. Also testen Los und Johnny Dumfries die unförmige Konstruktion die ganze Zeit über ohne Heckhaube, damit der V10-Sauger vom Fahrtwind gekühlt wird.
Totgeburt
Der Allard soll kein Werkseinsatz sein. Los betrachtet sein Engagement als Investition für ein Kundensportprogramm, das auch vom großen Namen der englischen Marke profitieren soll. Weitere Tests in Talladega und Atlanta folgen. Der italienische Sportlenkradmagnat Giampiero Moretti bestellt sogar den ersten Testträger jenes Modells, das mit seinen freistehenden Vorderrädern schon ein bisschen an die Elefantenfüße der letzten LMP1-Generation erinnert.
Doch Humberstone und seine kleine Mannschaft kriegen den J2X-C nie so haltbar, dass sich mehr Käufer finden würden. Die Gruppe C wird zudem von Ecclestone politisch trockengelegt, auch die IMSA orientiert sich um in Richtung der offenen World Sports Cars, sodass die Geschäftsgrundlage fehlt. Allard Holdings geht 1993 in die Insolvenz, die Rennwagen aus der Konkursmasse ersteigert der englische Histo-Racer Robs Lamplough für einen Spottpreis.
Das Auto läuft noch ein Mal in Le Mans, hat aber für die lange Hunaudières viel zu viel Luftwiderstand. Auf den IMSA-Strecken wäre es besser klargekommen, doch es gibt nur einen Einsatz in Laguna Seca, dann ist die Gruppe C tot. Los ist bis heute überzeugt von der radikalen Aerodynamik seiner Investition. „Lange nachdem ich mit dem Fahren aufgehört hatte, traf ich in Le Mans mal Tony Southgate“ – den Konstrukteur der TWR-Jaguar und Gruppe C-Toyota. „Und der sagte mir, dass sich damals alle Werksteams sehr genau mit dem Konzept des Allard befasst hatten, um es nachzubauen.“
Los weiß aber auch: „Das Auto hat aus jedem Schraubenloch geschrien: ‚Ich brauche einen Hersteller als Partner.‘ Denn für ein privates Team war die Technik schlicht nicht zu stemmen. Wir hatten die Grundidee – aber weder das Geld noch die Infrastruktur dafür. Letztlich war es wie so oft im Motorsport: Wir standen kurz vorm Ziel –kamen aber irgendwie nie mehr an.“ Mit dem Ende der Gruppe C trudelt auch die Karriere von Los aus. Hin und wieder startet er noch mal auf der Langstrecke, zuletzt mit Stéphane Ratel, dem heutigen GT3-Fürsten, in dessen Venturi bei den 24 Stunden von Le Mans 1993.
„Aber wenn man ein Mal solche Autos fuhr, wie ich das in der Gruppe C konnte“, sagt er, „dann fällt es einem schon schwer, anderen Rennwagen noch was abzugewinnen.“
Nach dem Motorsport konzentriert Los sich auf lukrative Immobilien- und Finanzgeschäfte in seiner Wahlheimat Monte Carlo.
Wann & wo?
27. - 29. August 2021
Hockenheimring
Ein 45-minütiges Rennen an jedem Tag, mit Boxenstopps für zwei Fahrer pro Auto direkt nach der Mittagspause.
Technisch & sportlich
Class 1a = Group C1 und IMSA-GTP (Baujahr 1987 bis 1990)
Class 1b = Group C1 und IMSA-GTP (Baujahr 1982 bis 1986)
Class 2a = Group C2, Junior, IMSA (Baujahr 1986 bis 1990)
Class 2b = Group C2, Junior, IMSA Light (Baujahr 1982 bis 1985)
Class 3a = Group C, IMSA, Japanese Group C (Baujahr 1991 bis 1993)
Class 3b = Sondereinladung des Veranstalters
Der Bosch Hockenheim Historic - Das Jim Clark Revival ist eine etablierte Motorsportveranstaltung für Old- und Youngtimer, die jedes Jahr zahlreiche Besucher aus Deutschland und ganz Europa auf die badische Traditionsrennstrecke lockt. Zwölf spektakuläre Rennserien & mehr als 500 Teilnehmer bringen den Zauber vergangener Renntage zurück in das altehrwürdige Motodrom, das als Bühne für unzählige denkwürdige Rennschlachten diente.
• Group C• Tourenwagen Classics
• Lotus Cup Europe
• Historic Racer Association
• Boss GP
• Raceclub Germany
• Kurani Trophy
Weitere Information:
Entries & Driver Information
Zoe Copas
Tel: +44 (0) 7824 393839
E-Mail: zoe@groupcracing.com
Event & Sponsorship Information
GMS GmbH
Tel: +49 (0) 7261 939200
E-Mail: race@groupcsupercup.com
Hockenheim Circuit
Kerstin Nieradt
Tel.: +49 (0) 6205 950 202
E-Mail: presse@hockenheimring.de
Press & Media
William Hood
Commpanions Werbeagentur GmbH
Tel.: +49 (0)6127 9917880
E-Mail: w.hood@commpanions.de
Diese Veranstaltung ist nicht organisiert oder in irgendeiner Weise mit Peter Auto S.A. verbunden